Samstag, 10. März 2007
Mein erstes Auto
Es war einmal vor langer, langer Zeit, da bekam der Noch-nicht-Kreuzberger sein erstes, spektakuläres Auto für fast umsonst. Die Mutter der Freundin eines Freundes brauchte einen neuen Zweitwagen. Der knapp zwanzig Jahre alte kleine Käfer der Mutter der Freundin des Freundes musste also wech. Da der Luxus-VW (mit Radio!) nur noch zwei Monate TÜV hatte, suchte man einen Liebhaber, der den himmelblau-metallicfarbenen Krabbler in seine Obhut nehmen und wieder hübsch machen würde - fand aber nur mich.


Dynamik pur - zumindest im Foto.

Ich bezahlte 50 Mark, musste sie den Vorbesitzern quasi aufdrängen, da sie waren froh waren, dass ihr Kleiner es auch in Zukunft gut haben würde. Schon bevor ich das erste Mal mit der Kraft von 50 Pferden (jaha, mein Käfer hatte die große Maschine!) durch die Stadt raste, bemerkte ich die ersten größeren Schönheitsfehler. Am hinteren linken Kotflügel waren z.B. drei der ca. fünf oder sechs Befestigungsschrauben weggerostet und das linke Trittblech zollte unübersehbar der Schwerkraft Tribut. Nichtsdestotrotz war ich stolz und fand meinen eigenen kleinen Herbie super. Sogar seine Heizung funktionierte, was völlig untypisch für dieses Modell war.

Neben dem Rost war noch eine Kleinigkeit gewöhnungsbedürftig: Die Türschlösser hatten wohl spätestens bei der Übergabe von der Mutter der Freundin des Freundes an mich ihren Dienst quittiert. Ich fahre also das erste Mal über Kopfsteinpflaster - schwupps, fliegt die Fahrertür auf. Geistesgegenwärtig halte ich sie fest, sodass die entgegenkommenden Autos gerade noch einmal mit dem Schrecken davon kommen. Weiterfahren und im rechten Augenwinkel sehen, wie sich - pardauz - auch die Beifahrertür selbstständig macht, waren eins. Ein beherzter Tritt auf die (noch) hervorragend funktionierenden Bremsen löste das Problem. Damit die rechte Tür sich in Zukunft nicht wieder lösen würde, griff ich mangels Geld für eine Reparatur zu einem Expander, um die Beifahrertür fest an den Rest meines Erfolgswagens zu schnallen.

Die Türen sollten nicht die einzigen Käferteilchen sein, die ihr Glück lieber ohne mich machen wollten. Eines Nachts schepperte es bei Tacho-Tempo 150 (bergab, Rückenwind und LKW-Windschatten) laut auf der Autobahn. Schneller Blick in den Rückspiegel: Puh, der hintere linke Kotflügel ist trotz weggerosteter Schrauben noch dran. Also weiterfahren und erst zu Hause merken, dass das linke Trittbrett fehlt. Aber sowas ist ja ohnehin - genau wie Kopfstützen - nur überflüssiger Schnickschnack, den kein Mensch braucht.


Der grüne Zettel an der Seitenscheibe gibt einen dezenten Hinweis auf das baldige Ende des rostigen kleinen Krabblers.

Zwei Monate nachdem der TÜV abgelaufen war, nahte das Ende des kleinen Käfers. Ich bremste an einer Kreuzung, es knirschte und der Wagen fuhr nur unter Protest wieder los - die Bremsen hatten sich festgefressen. Trotzdem zur Werkstatt weitergefahren - im ersten und zweiten Gang, nur mit Hand- und Motorbremse. Auf meine Frage, ob eine Reparatur sich noch lohne, lachte der Mechaniker mich aus und zeigte mir die großen Metallteile die unten abfielen, wenn er mit seinem Hämmerchen sanft an die Karosserie klopfte. Wenig später landete er in der Presse (der Käfer, nicht der Mechaniker). Die Eltern der Freundin eines Freundes sprachen daraufhin nicht mehr mit mir. Was aber nicht weiter schlimm war, da die Beziehung ohnehin kurze Zeit später scheiterte, wofür ich aber bis heute jede Verantwortung von mir weise.

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