Lesestunde mit dem Kreuzberger
Die geschätzte Miss Sophie hat mir vor einiger Zeit mein erstes Stöckchen zugeworfen. Ich war (und bin) derzeit ein wenig abgelenkt, nehme mir jetzt aber endlich mal ein wenig Zeit dafür. Die Frage: Welche zehn Bücher verstauben un- oder angelesen in meinem Regal. Die Antwort ist gar nicht so einfach, da ich kaum an meinem Lieblingsantiquariat oder anderen Buchhandlungen vorbeigehen kann, ohne etwas zu kaufen. Ich werde mich also wohl etwas beschränken müssen, wenn ich nur zehn Titel nennen soll also wohl ein paar mehr Titel nennen müssen. Genug der Vorrede, jetzt gehts looos:

Das Gesangbuch meiner Oma
Es ist eine ganze Zeitlang her, dass meine Oma gestorben ist. Seit auch mein Opa fort ist, steht ihr Gesangbuch in meinem Bücherregal. Es ist 1952 in Frakturschrift erschienen und voller kirchlicher Lieder. Die letzten Worte lauten: "Aber die Spreu wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer." Meine Oma war nicht besonders religiös und ich bin es gar nicht - es wird wohl weiter als ungelesene Erinnerung im Regal stehen.

Neal Stephenson: Quicksilver
Ich habe bislang zwei Werke des ehemaligen Science-Fiction-Autors gelesen: Diamond Age und Cryptonomicon - beide grandios, intelligent und verschachtelt erzählt. Diese gut 1100 Seiten des ersten Bandes seiner Barock-Trilogie habe ich günstig in einem Antiquariat geschossen. Das einzig Abschreckende ist die äußerst hässliche Cover-Gestaltung mit geprägten versilberten Buchstaben. Erinnert fatal an die grottigen englischen Taschenbücher, deren Einbände fast immer nach Schund galore aussehen. In Kürze werde ich es aber trotzdem von dieser Liste streichen können.

Fjodor M. Dostojewski
Eine günstige Gesamtausgabe, von der ich bislang nur den Idioten las. Es stehen noch aus: Der Jüngling, Die Brüder Karamasow, Schuld und Sühne, Die Dämonen und zwei Bände mit Romanen und Erzählungen. Das ist keine ganz leichte Kost - ich sage nur: jeder hat gefühlte drei verschiedene Vor- und/oder Nachnamen, die durch verschiedene Kose- und Spitznamen ergänzt werden. Ohne das Namensregister ist man da aufgeschmissen. Die Bücher sind außerdem auf superdünnem Papier und circa in Schriftgröße 3 gedruckt. Aber ich werde trotzdem in sie eintauchen.

Edgar Allan Poe
Noch eine Gesamt(?)-Ausgabe aus einem Antiquariat. Mit dem ersten Band habe ich schon angefangen - ich lese der Prinzessin in unregelmäßigen Abständen Geschichten daraus vor. Die anderen drei Bände werden nach und nach folgen.

Kurt Tucholsky: Ausgewählte Werke 1 & 2
Ich liebe Tucholsky, seit mein Vater mir vor Jahren meinen ersten Sammelband schenkte. Es gab bislang nur ganz wenige deutsche Autoren, die so gut mit unserer Sprache umgehen konnten. Jeder Versuch, diesen genialen Journalisten, Schriftsteller und kritischen Beobachter seiner Zeit adäquat zu beschreiben, überstiege meine Möglichkeiten. Mittlerweile habe ich vier verschiedene Bücher mit seinen gesammelten Werken und natürlich Schloss Gripsholm. Ich werde sie lesen.

Johann Wolfgang von Goethe: Die Leiden des jungen Werther
Zuverlässige Quellen behaupten, es handele sich - nicht nur wegen seines Einflusses auf suizidgefährdete Jugendliche - um ein tolles Buch. Ich habe auf der Oberstufe dreimal versucht, es für meinen Deutschkurs zu lesen - und bin jedesmal eingeschlafen, weil ich es sooo langweilig fand. Ich hätte es wohl einfach nicht immer abends im Bett anfangen sollen. Vielleicht schaffe ich es ja beim nächsten Mal.

Anthony Burgess: Uhrwerk Orange
Dieses Buch inspirierte den genialen Stanley Kubrick zu seinem gleichnamigen Film, der die Welt bei seinem Start schockierte und für heftige Proteste sorgte. Ich liebe Kubricks Werke - deshalb kaufte ich es für einen Euro auf dem Arkonaplatz-Flohmarkt. Wenn ich bereit für eine ungewöhnliche Sprache und ein wenig Gewalt bin, werde ich es auch lesen.

Arthur C. Clarke: 2001. Odyssee im Weltraum
Zusammen mit Uhrwerk Orange gekauft und aus demselben Grund: Kubricks Filme, die ich nicht erst seit einem Kubrick-Uni-Seminar liebe. Das Buch zum Film werde ich eines Tages zu einem Teil von mir werden lassen.

Thomas Mann: Der Zauberberg
Muss man mal gelesen haben, heißt es. Ist ein Buch, das man sich erarbeiten muss, sagt man. Das sind Gründe, die einen vom Lesen abhalten, sage ich. Zumindest bislang.

Siegfried Lenz: Deutschstunde
Noch son Buch, das man wohl mal gelesen haben sollte. Hab ich aber (noch?) nicht.

Stanisław Lem: Solaris
Neben der Tarkowski-Verfilmung hatte ich noch einen Grund, dieses Buch - natürlich - in einem Antiquariat zu kaufen: Die anderen Bücher, die ich von Lem gelesen hatte. Er wurde oft als reiner Science-Fiction-Autor verkannt - wer ihn liest, stellt aber fest, dass seine Werke die Werke eines großen Philosophen sind. Bisweilen allerdings auch ebenso anspruchvoll geschrieben.

Franz Kafka: Romane und Erzählungen
Habe über einen längeren Zeitraum immer wieder drin gelesen, mehr als die Verwandlung, das Urteil und einen Teil des Schlosses habe ich nicht geschafft. Aus Gründen, an die ich mich nicht mehr genau erinnern kann, habe ich irgendwann einfach nicht mehr reingeschaut. Schade, sollte ich nachholen.

William Shakespeare: Gesammelte Werke
Diverses daraus kenne ich natürlich aus Schule, Theater oder Verfilmungen - aber eigentlich würde ich den Rest auch gerne mal lesen. Wenn mal Zeit ist. Irgendwann.

Außerdem im Angebot
Neben diversen anderen noch zu lesenden Büchern stehen da auch noch Kleist (Werke), Schiller (Gedichte), Tolkien (Lord of the rings), Hugo (Glöckner von Notre Dame), Jelinek (Lebewohl), Tabori (Brecht-Akte), Gaarder (Sofies Welt), Goldhagen (Hitlers willige Vollstrecker)...

Das waren 29 Bücher - und um eine runde Zahl draus zu machen, gibt es noch ein Bonusbuch:

Robert Gernhardt: Später Spagat
Ich werde es sofort lesen, sobald Amazon es nächste Woche liefert. Jeder, der die deutsche Sprache schätzt, sollte voller Ehrfurcht vor Gernhardt niederknieen und sein Werk bewundern. Ein ganz Großer, leider viel zu früh gegangen.

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miss sophie, Mittwoch, 27. September 2006, 18:11
Was lange währt,..
wird endlich gut. Die Einstellung zu Stephenson kann ich ja leider gar nicht teilen, Cryptonomicon fand ich superlangweilig, aber ansonsten gefällt mir so allerlei. Durch Werther mußte ich mich auch im Deutschunterricht quälen. Wirklich eine öde Schwafelei. Vielleicht leichter zu ertragen, wenn man selber gerade unglücklich verliebt gewesen wäre - war ich aber nicht.
Dann hast Du ja noch einiges vor!

kreuzberger, Donnerstag, 28. September 2006, 01:11
Ich mag sowas...
...Verschachteltes ja. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich einige mathematische Momente in Cryptonomicon nicht sooo intensiv studiert habe.

Wenn ich in dem Tempo wie zurzeit ("Mit bösen Absichten" von Alessandro Piperno, vor Monaten von Don Alphonso empfohlen) weiterlese, dauerts aber noch ein wenig, bis ich das alles durch habe.

finja2502, Samstag, 7. Oktober 2006, 15:14
banause. werther ist super. außer der schluss, wo sich werther und lotte irgendwelche sachen rezitieren. da hab ich drüber gelesen.
ansonsten eine hübsche liste, die sie vielleicht beim eintritt ins pensionsalter abarbeiten können ;)

kreuzberger, Samstag, 7. Oktober 2006, 17:53
Danke für das Kompliment ;-)
Bis zur Rente dauerts ja nicht mehr so lang. Zumindest, wenn ich von meinem heutigen gefühlten Alter ausgehe...