Wie wird man Amokläufer?
Die Diskussion um den Emsdettener Amokläufer erscheint mir völlig absurd. Insbesondere dieser armselige Populismus à la Stoiber und Wulff, die die von ihnen sogenannten "Killerspiele" verbieten wollen. Vielleicht sollten sie stattdessen mal fragen, woher der 18-Jährige die Waffen hatte. Harald Martenstein bringt die ganze verlogene Diskussion heute im Tagesspiegel schön auf den Punkt:

"Wie gefährlich sind Killerspiele? Mag sein, dass Killerspiele halb gestörte Jugendliche in voll gestörte Jugendliche verwandeln. Aber warum spricht eigentlich fast niemand über den Waffenhandel? Warum wird die Debatte nicht darüber geführt, dass ein gestörter Jugendlicher sich relativ einfach im Internet eine Knarre besorgen kann?"

Martenstein verweist dann auf diesen Artikel der Zeit Online, dessen Autor schreibt, dass die Amokläufer aus Emsdetten, Erfurt und Columbine unter anderem eins gemeinsam hatten: Sie hätten noch nie eine Freundin gehabt. Martenstein dazu:

Auch da gibt es also einen klaren statistischen Zusammenhang. Statt „Verbietet die Killerspiele!“ könnte man also, mit der gleichen Berechtigung, fordern: „Verschafft den Jungs Freundinnen!“ Und dies tue ich hiermit."

Kluge Worte, denen ich mich voll anschließe. Gleiches sollte man auch mal mit dem einen oder anderen Problem-Ministerpräsidenten versuchen. Dann hat er vielleicht weniger Zeit, so einen gequirlten Mist zu reden. So, und ich installier jetzt erstmal Counterstrike...


Nachtrag: Dieser Artikel des Tagesspiegels taucht in das Leben des Amokläufers ein. Er beruht auf den Auskünften eines engen Angehörigen und verzichtet wohltuend auf die üblichen Schwarz-Weiß-Malereien. Unbedingt lesenswert.

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bluegirl, Freitag, 24. November 2006, 22:32
danke für den link(tagespiegel)!

kreuzberger, Freitag, 24. November 2006, 22:46
Gern geschehen - aber welchen der beiden Tagesspiegellinks meinst Du denn?

bluegirl, Freitag, 24. November 2006, 23:13
ach. oh. den letzten. den mit dem großvater, Freundin beschaffen und so.

kreuzberger, Freitag, 24. November 2006, 23:27
Da wird endlich mal der Mensch deutlicher, der diese bösenbösen Killerspiele gespielt hat. Interessant auch, dass es vielleicht gar nicht das schnelle Erscheinen der Polizei war, das Schlimmeres verhinderte, sondern der Bruder, der den Amokläufer direkt fragte, was das solle.

bluegirl, Samstag, 25. November 2006, 17:16
ja, das erstens (ich frage mich immer erschreckt, wo sie den menschen lassen und die menschen drumherum in den berichten) und zweitens: ganz normal alles. niemand hat was gewußt. depressiv halt, anders, unverstanden, aber doch so normal wie du und ich. den hilferuf vor zwei jahren hat ResistantX in genau dem forum abgelassen, in dem auch ich in schlimmen zeiten hilfe gesucht habe. bruder, großmutter, ein verstorbener großvater und dieses zerbrechen an der welt... wie nah an mir dran ist das eigentlich.
und sind diese verteufelungen (von killerspielen, schwarzem zeug und abkapselung der welt) nicht nur abwehrversuche gegen das gefühl: eigentlich hätte ich auch so werden können. oder dieser oder jener freund oder verwandte...

kreuzberger, Sonntag, 26. November 2006, 01:06
Alles ganz normal, niemand wusste oder ahnte etwas. Oder wollte vielleicht einfach nichts ahnen. Denn bei den Menschen in seinem eigenen Umfeld kann man sich so etwas wohl nur schwer vorstellen...