Zeitreise
Seit ich das letzte Mal hier war, hat sich nicht viel geändert. Die Freischwinger hängen traurig durch, das Parkett ist abgetreten und rissig, an einigen Stellen fehlen kleinere Holzstücke. Ich sitze im Konferenzraum mit seinen ehemals wunderschönen Holztüren, die ausgeblichen und voller dunkler Fingerabdrücke rund um die ziselierten Klinken sind. Die offenen Türen führen zum Nebenbüro und zum Flur, durch den man in anderthalb andere Räume sehen kann. Alles, was man wahrnimmt oder ahnt, ist wie der Raum, in dem ich alleine sitze. Groß, leer, einsam.

Die Büroutensilien auf dem Tisch mit seiner grün marmorierten 70er-Jahre-Marmorplatte stammen aus einer anderen Zeit und haben schon seit längerem kein Staubtuch mehr gefühlt. Das zwischen den beiden alten Fenstern mit ihren doppelflügeligen Ober- und Unterlichtern stehende Faxgerät ist nur etwas jünger als der Tisch und wirkt, als warte es schon lange darauf, dass jemand seine Nummer wählt. Heizungs- und Wasserrohre laufen offen über den Wänden um die Zimmer herum, an einigen Stellen haben sie die Tapeten schwarz gefärbt.

Wenig hat sich seit meinem letzten Termin in der Kanzlei geändert. Die alterslose Sekretärin ist nicht mehr da und ich bekomme keine Rechnung per Post, sondern soll die Gebühren sofort bar zahlen. Das Wechselgeld holt der Anwalt statt aus einer soliden metallenen Kasse aus seinem abgewetzten Portemonnaie. Ich bin froh, dass er uns die peinliche Situation erspart, nicht genug zum Rausgeben zu haben.

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