Journalismus 2.0
Was soll man eigentlich davon halten, wenn sogenannte Fach-"Journalisten" einem Folgendes anbieten: "Schalte eine Anzeige bei uns, dann bekommst Du eine komplette redaktionelle Seite, mit der Du machen kannst, was Du willst." (Und das ist beileibe kein Einzelfall.)

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ichichich, Mittwoch, 24. Januar 2007, 15:13
Und den Artikel "darf" man dann auch noch selbst schreiben. Kenn ich.

kreuzberger, Mittwoch, 24. Januar 2007, 16:14
Genauso wird es in diesem Fall auch laufen. Ist in Fachmagazinen anscheinend mittlerweile Standard. Aber dass der Anzeigenverkäufer Redakteur in einer Mail wörtlich schreibt, man könne da z.B. auch seine "geilen Produkte" anpreisen, war mir in dieser Deutlichkeit neu.

mark793, Mittwoch, 24. Januar 2007, 15:26
Hört man öfters.
Ganz so krass kenn ichs selber nicht. Wohl aber, dass Anzeigenkunden im redaktionellen Teil viel ausführlicher vorkommen und pfleglicher behandelt werden als Nicht-Kunden.

Der oben geschilderte Fall ist natürlich auch übel. Aber je nachdem, wenn nun das Unternehmen oder einer seiner Vertreter auf dieser redaktionellen Seite (im Sinne eines Gastbeitrags) seine Produkte lobt, dann wird wohl jeder Leser den Braten riechen und das entsprechend einzuordnen wissen, selbst wenn da nicht fett "Anzeige" drübersteht.

Mindestens genauso übel, weil subtiler und verdeckter, sind die Mechanismen des schleichenden redaktionellen Ausverkaufs, wenn unter einer objektiv daher kommenden Marktübersicht oder Magazingeschichte ein Redakteurs- oder Autorenname steht und man daher als Außenstehender erst mal nicht auf die Idee kommt, dass dem Verfasser das Schielen aufs Scheckheft den Blick fürs Ganze getrübt hat.

kreuzberger, Mittwoch, 24. Januar 2007, 16:19
In Fachmagazinen verschiedener Branchen werden die "redaktionellen" Seiten mittlerweile oft zusammen mit den Anzeigen verkauft. Als Autor steht dann - so zumindest meine Erfahrung - meist der Mitarbeiter der Agentur des Anzeigenkunden drunter, vielleicht auch weil die eigenen Mitarbeiter ja in der Branche bekannt sind. Der Leser merkt also nichts davon, einen PR-Text vor sich zu haben. Wenn die Agentur clever ist, ist der Artikel auch nicht zu reißerisch geschrieben, sondern kommt eher (pseudo-)objektiv rüber, damit die Leser den Braten eben nicht riechen, sondern ihn bis zum letzten Bissen genüsslich verzehren. Wenn man Gammelfleisch gut genug würzt, fällt es eben gar nicht auf.

lennyundkarl, Mittwoch, 24. Januar 2007, 18:56
Willkommen beim kleinen aber feinen Unterschied zwischen Journalismus und PR. Wie bekommen ich ein Advertorial?

kreuzberger, Mittwoch, 24. Januar 2007, 19:08
Zumindest bei den Branchenblättern stelle ich mir die Frage, ob es da überhaupt noch einen Unterschied gibt.

Was willst Du denn für Dein "Advertorial" bezahlen? ;-)

lennyundkarl, Donnerstag, 25. Januar 2007, 09:51
ähm, darüber hab ich gar nicht nachgedacht. Vielleicht ein Tausch gegen Kram von meinem Chaosschreibtisch. Oder doch lieber klassische PR und ich inszeniere ein Großereignis, bei dem alle nicht drum herum kommen drüber zu berichten!

kreuzberger, Donnerstag, 25. Januar 2007, 10:23
Am ehesten scheinst Du Tassen und Kabel entbehren zu können - da erschiene mir allerdings ein Kompensationsgeschäft attraktiver. ;-)

Als Großereignis könntest Du ja einen Deiner Kirchentage im wahren Leben inszenieren. Aufmerksamkeit wäre Dir gewiss...