Die traurigste Medienmesse der Welt?
Gestern eine Dreiviertelstunde einer fast jedem Branchenklischee widersprechenden "Medienmesse" erlebt. Bei der "M-Street" sollten die Unternehmen des weltberühmten Berliner "Medienstandortes Potsdamer Straße" lernen, wie man die "Synergieeffekte" des "regionalen Clusters" optimal nutzt. Ich betrat das Schöneberger Rathaus, vor dem immerhin JFK sein legendäres "Ich bin ein Berliner" sprach, gegen 21.45 Uhr, gute drei Stunden nach dem Start der Messe. In den schönen Räumen waren nur noch wenige "Potse People" am Start. So nennt das "Mediennetzwerk" seine Zielgruppe wirklich - denn natürlich sagen alle Berliner zur Potsdamer Straße permanent "du alte Potse", genauso wie sie den Fernsehturm ununterbrochen "Telespargel" nennen. Der Newsletter heißt übrigens folgerichtig "Potse Post".

Bei den Messeständen war nur minimal mehr los als in der "Lounge", aber immerhin hatte eine Modelagentur ihren Stand hübsch mit Models dekoriert. Ansonsten war auch hier nichts Aufregendes zu entdecken. Die "Lounge" dieses Top-Events sollte dann noch "bis open end (ca. 24:00 Uhr)" geöffnet haben. Gegen 22.30 Uhr ergriff ich die Flucht - ich wollte das auf Mitternacht terminierte offene Ende dieser crazy "Potse Party" nicht erleben. Offensichtlich war ich nicht der einzige, dem es so ging:

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mark793, Donnerstag, 1. Februar 2007, 11:59
Oh, my god,
solche Mediencluster-Protzveranstaltungen sind sowas von 1997, es ist wirklich erstaunlich, dass sich das noch nicht bis nach Berlin rumgesprochen hat.

kreuzberger, Donnerstag, 1. Februar 2007, 13:28
Es war die Hölle -
die ideale Veranstaltung zum fremdschämen. Die Politiker der Berliner Bezirke sind halt nicht immer ganz auf der Höhe der Zeit. Aber das haben sie sicher mit vielen anderen Kommunalpolitikern gemeinsam.

Zu meiner Entschuldigung sei noch angemerkt, dass ich da aus rein privaten Gründen war.

mark793, Donnerstag, 1. Februar 2007, 14:51
Stimmt,
an medienmegalomanischen Wahnvorstellungen leiden Kommunalpolitiker auch andernorts. Ich beobachte das ja nun schon paar Jährchen, im Düsseldorfer Medienhafen wird nicht so das Riesenrad gedreht, das Wolfgang Clement einst vorgeschwebt hatte; ohne die Investitionsruine Mediapark in Köln würde der dortigen Branche auch nichts fehlen. Und daher dachte ich eigentlich, dass da jetzt allmählich etwas mehr Realitätssinn Raum greifen würde. Aber in Berlin, wo die Uhren bekanntlich anders gehen, hat man sich wohl gesagt: hinten ist das neue vorne... ;-)

kreuzberger, Donnerstag, 1. Februar 2007, 15:34
Das war eher provinziell
und pseudowichtig als protzig. Aber was will man erwarten - ich sage nur: "Potse Post", "Potse People", "Cluster", "Synergieeffekte"... Ich habe mich echt gefragt, was bei denen falsch gelaufen ist. Im Gegensatz zum "Medienhafen" (den ich nicht weiter kenne) hört sich die "M-Street" des Tempelhof-Schöneberger Bezirksbürgermeisters noch eine ganze Ecke armseliger an. Apropos "armselig": Direkt neben der "M-Street" beginnt der Drogenstrich...